Neil King, Senior Data Journalist bei Autovista24, wirft einen Blick auf die Pläne der Schweiz, Elektrofahrzeuge (EVs) zu besteuern, um die Finanzierungslücke zu schliessen, die durch die sinkenden Einnahmen aus fossilen Kraftstoffen entsteht.
Die Verbreitung von Elektrofahrzeugen ist sowohl für die Regierungen als auch für die Automobilhersteller entscheidend, um die Klimaziele zu erreichen. Der Anteil von Neuwagen mit Verbrennungsmotoren (ICE) ist dagegen stark rückläufig. Dies kommt zwar der Umwelt zugute, stellt aber ein finanzielles Problem dar, da die Steuererleichterungen für Elektroautos zu einem Rückgang der Einnahmen des Automobilsektors führen.
Die Schweiz ist ein Paradebeispiel. Die Steuereinnahmen aus den Strafzahlungen für Neuwagen mit CO2-Emissionen über 118g/km sind laut dem Bundesamt für Energie (BFE) von 132,1 Mio. CHF (134,1 Mio. €) im Jahr 2020 auf nur noch 28,1 Mio. CHF (28,5 Mio. €) im vergangenen Jahr gesunken.
Obwohl der Schweizer Neuwagenmarkt im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr wuchs, wenn auch nur um 0,7%, stieg der Anteil der Elektroautos von 14,3% im Jahr 2020 auf 22,5% im Jahr 2021. Der Anteil der Benzin- und Dieselfahrzeuge sank dagegen von 71,8% im Vorjahr auf 55,5% zurück.
«Um das Klimaziel, bis 2050 keine Treibhausgase mehr auszustossen, zu erreichen, muss die Fahrzeugflotte in Zukunft hauptsächlich aus Elektrofahrzeugen bestehen. Dadurch gehen die Einnahmen immer mehr zurück und es fehlen die Mittel für den Unterhalt und den Ausbau der Infrastruktur», räumte die Schweizer Regierung an der Bundesratssitzung vom 29. Juni ein.
Ersatzabgabe für Elektrofahrzeuge bis 2030 geplant
Um das wachsende Defizit zu beheben, wurden das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) und das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) beauftragt, «bis Ende 2023 ein Gesetzespaket zur nachhaltigen Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur durch Einführung einer Ersatzabgabe für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben, wie z.B. Elektrofahrzeuge, zu erlassen».
Die genauen Details, wie die Schweiz E-Fahrzeuge besteuern wird, sind noch in der Diskussion. Der Bundesrat geht aber davon aus, dass die steuerliche Maßnahme bis 2030 in Kraft treten wird.
Die Mineralölsteuer und der Mineralölsteuerzuschlag werden insbesondere zur Finanzierung von Strasseninfrastruktur- und Agglomerationsverkehrsprojekten verwendet», so die Regierung.
Vorgeschlagen wird eine feste Abgabe pro gefahrenen Kilometer, die auch von der Fahrzeugkategorie abhängt. Dies ähnelt dem bestehenden System für Fahrzeuge mit fossilen Brennstoffen, aber die Regierung stellte klar, dass «Benzin- und Dieselfahrzeuge von der Ersatzabgabe nicht betroffen sind und nicht zusätzlich belastet werden».
Hans-Peter Annen, Leiter der Abteilung Valuations und Insights bei Eurotax Schweiz (Teil der Autovista Group), erklärte, dass es «eine seit langem bekannte Ungleichbehandlung von batterieelektrischen Fahrzeugen (BEVs) im Vergleich zu Verbrennungsmotoren (ICEs) gibt. Aufgrund der bisher eher begrenzten Anzahl von BEVs, die in den letzten Jahren auf die Straße gekommen sind, ist das Thema aber eher im Hintergrund geblieben. Alle ICE-Besitzer finanzieren die öffentliche Straßeninfrastruktur über die Mineralölsteuer, die Besitzer von BEVs dagegen nicht.»
Annen fügte hinzu: «Wenn dieses neue Steuersystem im Jahr 2030 eingeführt wird, glaube ich nicht, dass es große Auswirkungen auf den Kauf eines neuen oder gebrauchten BEV oder auf dessen Restwert haben wird. Bis dahin werden der Anteil und die Beliebtheit von BEVs nochmals deutlich höher sein als jetzt. Die Kunden werden ein BEV kaufen, weil sie es wollen, unabhängig davon, ob sie auch die neue Steuer zahlen müssen oder nicht».
Achtung, Europa
Die Auswirkungen der Elektrifizierung von Fahrzeugen auf die Steuereinnahmen könnten in der Schweiz deutlicher ausfallen als in den meisten europäischen Märkten, da der Anteil der Elektrofahrzeuge nur in wenigen Ländern zweistellig ist.
Dennoch waren im Jahr 2020 drei von vier neu zugelassenen Autos in Europa Benziner oder Diesel. Im ersten Quartal 2022 wird nur noch jedes zweite Auto einen Verbrennungsmotor haben. Da die Autohersteller den Anteil der Elektrofahrzeuge erhöhen, um die strengen europäischen Abgasnormen zu erfüllen, und sich auf Verbote für Fahrzeuge mit fossilen Brennstoffen vorbereiten, ist das Ende des ICE-Zeitalters unvermeidlich.
Es zeichnet sich ein Trend ab, dass die europäischen Regierungen entweder die Anreize für Elektroautos reduzieren oder die Mittel schnell erschöpfen, wie in den Niederlanden.
Das Vereinigte Königreich ist noch einen Schritt weiter gegangen und hat den Stecker bereits ganz gezogen. Auch in Deutschland wird dies heiss diskutiert. Dies senkt die Ausgaben, vor allem wenn die Verbreitung von Elektrofahrzeugen zunimmt. Allerdings werden dadurch die sinkenden Erträge aus Steuersystemen, die in der Regel ICE-Fahrzeuge bestrafen und E-Fahrzeuge ausnehmen, nicht berücksichtigt.
Die Regierungen investieren zu Recht in die Ladeinfrastruktur, um die Verbreitung von Elektrofahrzeugen zu fördern. Die Ironie dabei ist, dass der Löwenanteil der Gelder von ICE-Fahrzeugen generiert wird, die nicht an das Stromnetz angeschlossen werden müssen. Europa sollte daher die Entwicklungen in der Schweiz zur Kenntnis nehmen, und Änderungen der Kfz-Steuerregelungen werden unweigerlich folgen. Es ist nur eine Frage des Wann, nicht des Ob.
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