Hans-Peter Annen, Head of Valuations & Insights bei Eurotax Schweiz, analysiert die aktuellen Entwicklung auf dem Schweizer Automarkt.
PKW-Neuzulassungen auf dem Schweizer Automarkt
Nach den positiven Signalen von 2023 hat sich dieser Schwung im ersten Halbjahr 2024 leider nicht fortgesetzt. Denn in den ersten sechs Monaten 2024 lagen die Neuzulassungen auf dem Schweizer Automarkt und in Liechtenstein mit 121’218 PKW um 2.0% unter Vorjahr und rund 23% hinter den Zahlen von 2019. Die Hersteller können liefern und einst angestaute Bestellungen sind längst ausgeliefert, aber die anhaltenden Konflikte führten zu einer Kaufzurückhaltung, vor allem bei rein elektrischen Fahrzeugen.
Von den 121’218 zugelassenen PKW im ersten Halbjahr 2023 waren 70’593 PKW mit einem elektrifizierten oder rein elektrischen Antrieb ausgestattet – 4.1% mehr als im Vorjahr und einem Marktanteil von 58.2% (VJ: 54.8%). Rein elektrische PKW gingen zurück auf 21’387 Zulassungen (-7.7%) und 17.6% Marktanteil (VJ: 18.7%). Plug-in Hybride dagegen blieben konstant mit 10’623 Stück (-0.1%). Hybridfahrzeuge (Mild- und Vollhybrid) legten gar um 13.6% auf 38’573 Stück zu und erreichten einen Marktanteil von 31.8% (VJ: 27.4%). Reine Benziner ohne Elektrifizierung des Antriebs verzeichneten mit 38’400 Stück ein Minus von 12.9% und reine Diesel mit 12’221 Stück dagegen ein bemerkenswertes Plus von 3.0% und einen Marktanteil von 10.1% (VJ: 9.6%).
Der Juni allein verzeichnete mit insgesamt 22’689 PKW-Zulassungen und einem Minus von 10.0% einen weiteren Dämpfer, wobei die schwachen Zulassungen der Elektrofahrzeuge mit nur noch 4’216 Stück oder -19.3% diesen Negativtrend noch verstärkt haben. Einzig Hybridfahrzeuge (Mild- und Vollhybrid) legten im Juni um 17.4% auf 7’921 Stück zu.
«Die Hoffnungen für die kommenden Monate ruhen auf den wiedererstarkten, mild elektrifizierten Verbrennerfahrzeugen und Hybriden, welche eine Trendumkehr zu positiven Zulassungszahlen bringen und die schwächelnden Verkäufe reiner E-Fahrzeuge kompensieren könnten», so Hans-Peter Annen, Head of Valuations & Insights bei Eurotax Schweiz. «Die Zulassungszahlen, die wir vor Corona gewohnt waren, dürften darum auch auf absehbare Zeit unerreichbar bleiben.»
PKW-Halterwechsel auf dem Schweizer Automarkt
Nach dem Boom bei den PKW-Occasionen bis 2022 hat sich der Trend gedreht, dies aufgrund des wieder deutlich grösseren Angebotes und einer rückläufigen Nachfrage.
Die reinen PKW-Halterwechselzahlen auf dem Schweizer Automarkt haben sich im ersten Halbjahr 2024, trotz deutlichen Ausschlängen, insgesamt verhalten positiv entwickelt. So sind in den ersten sechs Monaten 2024 mit total 387'450 PKW-Halterwechseln rund 1.5% mehr Umschreibungen verzeichnet worden als 2023. Der Kalenderbedingt äusserts schwache März wurde von einem ebenso aussergewöhnlich starken April kompensiert.
Im Juni 2024 lagen die Halterwechsel mit 62'590 Stück wieder um 9.9% hinter den guten Vorjahreszahlen zurück.
«Aufgrund der starken Schwankungen in den einzelnen Monaten, sollte man die PKW-Halterwechseln über einen mehrmonatigen Zeitraum betrachten und vergleichen. Wir rechnen auch für das kommende Quartal mit leicht steigenden Halterwechsel-Zahlen, da die Halterwechsel ja nicht nur vom schwächelnden Neuwagenmarkt und den daraus generierten Eintauschgeschäften abhängig sind, sondern auch von den Besitzumschreibungen auf dem gesamten übrigen Fahrzeugbestand», so Hans-Peter Annen.
Hinweis: Die Zahlen ab 2022 sind nach der neu eingeführten ASTRA Datenquelle/Zählweise angegeben!
Ein breites Angebot und eine verhaltene Nachfrage lassen weiter sinkende Angebotspreise erwarten
Seit Längerem hat sich die Menge der Occasionsangebote auf dem Schweizer Automarkt wieder erholt und liegt über alle Altersgruppen gesehen nur leicht unter dem Niveau von vor Corona. Einzig in der Gruppe der bis 2 Jahre alten Occasionen ist das Angebot nach wie vor um rund 30% geringer als Anfang 2020. In den anderen Altersgruppen dagegen klar grösser oder gleich gross.
«Mit der nach wie vor guten Angebotssituation in den meisten Altersgruppen über 2 Jahre und der verhaltenen Nachfrage sind die Preise auf dem Occasionsmarkt seit 2023, und auch im ersten Halbjahr 2024, unter Druck. Die Angebotspreise sind auch im ersten Halbjahr 2024 erneut gesunken», so Hans-Peter Annen.
Im Vergleich zum Preis-Niveau von Anfang Februar 2020 liegt der Eurotax Angebotspreisindex aktuell noch 6.2% über dem Wert vor Corona, wogegen der Index 2022 bis zu 16% höher war (siehe Grafik unten).
Von der bis Ende 2022 aussergewöhnlichen Marktsituation haben alle Antriebe und Altersklassen mehr oder weniger profitiert. Inzwischen sind die Angebotspreise aber wieder grösstenteils deutlich zurückgegangen. Eine Ausnahme bilden die Voll-Hybride, welche damals weniger stark gestiegen sind, und sich nun auch in geringerem Ausmass wieder abgeschwächt haben. Auf der anderen Seite sind die reinen E-Fahrzeuge zu erwähnen, welche bis 2022 über alle Altersklassen gesehen vorübergehend leicht zulegen konnten (ausgehend vom tiefsten Niveau aller Antriebe), sich aber seit Ende 2022 am deutlichsten abgeschwächt haben.
Weitere leichte Abkühlung der Occasionspreise erwartet
Die künftige Entwicklung der Occasionspreise ist, neben der Situation und dem Neuwagenmarkt und der Angebotssituation bei den Occasionen, natürlich auch von der Konsumentenstimmung und der Akzeptanz neuer und gebrauchter E-Fahrzeuge abhängig. Mit der anhaltenden unsicheren Weltlage, der Inflation und den hohen Energiekosten, bleibt auch die Konsumentenstimmung gedämpft. Dem steht ein grosses Neuwagenangebot mit steigenden Rabatten und Incentives und ein gutes Occasionsangebot gegenüber. «Der zunehmende Preiskampf bei den Neuwagen und die konstant hohe Zahl an Occasionen trifft auf eine gedämpfte Nachfrage. Das dürfte auch in den kommenden Monaten zu insgesamt leicht rückläufigen Restwerten führen», so Annen.
*) Hinweis zu den Halterwechselzahlen ab 2022 ff.
Seit Anfang 2022 liefert das Bundesamt für Strassen ASTRA Halterwechselzahlen. Davor, bis und mit Juni 2022, lieferte das ASTRA Rohdaten mit allen Veränderungen des CH-Fahrzeugbestands. Die Auswertung der Halterwechsel wurde durch Eurotax selbst vorgenommen, teils mit Annahmen. Die so ermittelten Zahlen waren ca. 3% höher als die Werte nach der neuen ASTRA-eigenen Auswertung ab 2022. Aus diesem Grund haben wir alle Halterwechselzahlen für 2022 basierend auf diesen ASTRA Daten ausgewiesen. Die Werte bis und mit 2021 sind nach der bisherigen Methode angegeben. Beim Vergleich der Zahlen 2022 ff. mit den Vorjahren ist dieser Umstand unbedingt zu beachten. Vergleiche sind darum, wenn überhaupt, nur sehr bedingt möglich.
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